Ein Nachruf

 

auf Johanna Kneipp, geb. 19.02.1927

 

 

 

Das hat sie gut gemacht, unsere Mutter.

Sogar das mit dem Sterben hat sie gut gemacht.

 

An Weihnachten war die Familie noch bei ihr. Sie selber hatte telefonischen

Kontakt mit Freundinnen und Verwandtschaft zwecks Weihnachtsgrüßen.

Zuvor im Advent hat sie ihre Lebkuchen und Plätzchen gebacken; die

gleichen wie seit 40 Jahren oder so. Sie hat nach dem alten

Christbaumschmuck gesucht (die Krippenfiguren waren gaaanz woanders)

und den kleinen Baum geschmückt. Der riecht so gut nach Tannenduft. Und

wie gewohnt verrichtete sie ihren Haushalt und versorgte den Papa und

kümmerte sich um ihre geliebten Blumen und Pflanzen. Uns hat sie wie eh

und je ihre Gedichte, Sprüche, Dorfneuigkeiten und ihr katholisches Wissen

mitgeteilt, ob wir wollten oder nicht.

 

Dann wurde am Abend des 29. Dezembers das Räuchermännchen

angezündet (der Vater weiß es genau) und sie beide schauten "Stars in der

Manege". Nur bis Viertel nach neun, denn da geht man ins Bett. Außer es

kommt das "Bayerische Amtsgericht", dann muss man dahin umschalten.

Hinein ins von der Wärmedecke kuschelige Bett, ein Gespräch mit dem

Ehemann, wie seit Jahr und Tag. ln der Nacht nach 4.oo Uhr ist der Vater

aufgewacht, weil das Licht an und die Mama auf war und unruhig. Was los

sei, ob sie Schmerzen habe. Dann ging alles sehr schnell. Und endgültig.

Auch die Reanimation war erfolglos. Medizinisch richtig. Aber auch für

unsere Mutter korrekt. Sie war ein tatkräftiger Mensch; entschlossen und

nicht für halbe Sachen in ihren Aktionen. Auch im Gemüt geradlinig und

aufgeräumt. Wir hatten sie verstorben 12 Stunden im Haus und konnten alles

der Reihe nach organisieren und hatten Zeit, sie anzuschauen, die Kerzen

brennen zu haben und dabei zu hocken und zu sein. Sie, der Mensch, war

nicht mehr. Das wurde klar.

 

Unsere Mutter ist am 29. Dezember 2009 gestorben. Um 5.ool5.2o Uhr. Der

Zeit, in der sie jahrelang aufstand, um in den Stall zu gehen. ln einer

Jahreszeit, in der die Enkelkinder Ferien und wir zwei jüngeren Geschwister

mit Familien Urlaub hatten; also ein paar Tage Zeit, um gemeinsam mit dem

großen Bruder und der Schwägerin (die nebenan wohnen) alles zu regeln

und mit dem Vater zusammen zu sein.

In einer Zeit, in der alle Leute am Tag nach Neujahr am Samstag zu ihrer

Beerdigung kommen konnten und die Sterbebilder "haushoch" ausgingen.

 

Es hätte ihr gefallen, die Menschenmenge zum Gruß zu haben. Sie war eine

gesellige Frau, bekannt und beliebt. sie hatte keine Scheu und war im

Umgang mit Menschen unkonventionell und konnte mit allen einen schwatz

halten. Sie war in ihrem Wesen sehr unabhängig und selbständig in ihrem

Sein; und musste dasauch manches Mal im Leben. Sie konnte

Gegebenheiten schnell akzeptieren und für sich einordnen. Sie hat gerne

gelacht und gesungen. Sie arrangierte ihre Blumen zum Strauß und hatte viel

Freude daran. Sie war sehr gerne draußen und im Garten. Niemand hat den

Teig für die Krautkrapfen so fein gemacht wie sie. Sie konnte gut nähen und

flicken. Sie hatte viel Vertrauen ins Leben, in einen natürlichen Gott und keine

Angst vor dem Tod. Wir bleiben jetzt mit einer Unmenge an

Marmeladegläser von 2OO9 sowie den restlichen Plätzen und ihren

Habseligkeiten. Wir suchen mit dem Vater nach seiner Kleidung etc. Im

Geiste ihre Stimme, ihre Bewegungen, das Lachen, die Rankeleien, ihr

patentes Wesen uni ihre Kochgerichte. Das, was hätte besser miteinander

sein können, das was gut war.

-So wie es halt immer ist. - Im Leben.

 

Hier auf der Erde hat es während ihrer Ruhezeit geregnet, war ruhiges

Wetter, gab es Wind, hat es geschneit und die Sonne geschienen. Es hatte

Temperaturen von 8°+ bis 8°-. Die Menschen sind vom alten Jahr ins neue

hinübergegangen, haben Abschied genommen, ein Feuerwerk gezündet und

fröhlich Neuiahrsgrüße getauscht. Zuerst war zunehmender Mond, an

Silvester Vollmond, dann abnehmender.Am Abend der Beerdigung war der

schönste Sternenhimmel, eine klare Nacht. In der Kirche waren derweil

Jahresabschlussgottesdienst und Neujahrsmesse. Der Neujahrstag ist auch

ein Marientag. Laut der religiösen Überlieferung hält Maria an diesem Tag die

Himmelspforten weit geöffnet und die jetzt Verstorbenen gehen direkt ein

ins ewige Reich. Das passt, denn ich glaube, dass die Seele noch 3 Tage da ist

und dann verschwindet. Und es war dann am 4.Tag Neujahr.

 

Das hat sie gut gemacht, die Frau Mama.

 

P.S. Die Katzen müssen weiterhin gefüttert werden.

 

 

 

Heidi Kneipp